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Urheberrecht - Realitäten und Mythen

Press Releases, published on 26 June 2018 Download document

ARTIKEL 13

 

Plattformen müssen Verantwortung übernehmen

für florierende europäische Kultur- und Kreativwirtschaft

 

Hintergrund

  • Seit der Verabschiedung der E-Commerce-Richtlinie im Jahr 2000 hat sich die Technologie enorm entwickelt. Plattformen haben mehr und mehr Kontrolle über die Inhalte, die bei ihnen verfügbar sind und mit denen sie ihr Geld verdienen.
  • Das Wachstum an Kontrolle und Dominanz über Märkte erfordert auch eine neue Austarierung und eine Übernahme von mehr Verantwortung.
  • Ohne Vergütung gibt es keine Investitionen. Aufgrund des Urheberpersönlichkeitsrechts als Teil des Rechts am geistigen Eigentum haben Rechteinhaber zudem die Freiheit zu entscheiden, wie und durch wen ihre Werke genutzt werden.

Ziele

  • Rechtssicherheit für alle Marktbeteiligten
  • Sicherstellen, dass die Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie nicht missbraucht oder umgangen werden durch sog. aktive Dienste, dieGewinn mit nicht-lizenzierten, urheberrechtlich geschützten Inhalten machen
  • Schaffung eines Umfeldes, das Anreize für Investitionen bietet
  • Absicherung eines Ausgleichs zwischen den Grundrechten der Nutzer, Rechteinhaber und Onlinedienste

Fokussierung auf aktive Plattformen

Die Kompromisse des Berichterstatters sehen explizit vor, dass - where applicable – eine allgemeine Überwachungspflicht verboten ist (Art. 13 Absatz 1.b), da die Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie (inkl. Artikel 15) nur für passive Dienste gelten, d.h. Dienste, die keinen Einfluss auf den Inhalt haben, zu dem sie Zugang gewähren. Anderes gilt für aktive Dienste, die das Ziel dieses Richtlinienvorschlages sind.

  • Nicht außer Acht gelassen werden darf die Tatsache, dass dieses Verbot nicht nur Urheberrechtsverletzungen betrifft, sondern alle Arten der Rechtsverletzung, inklusive terroristischer Inhalte und Kinderpornographie.
  • Die Unterscheidung zwischen aktiven und passive Maßnahmen widerspricht gerade nicht den Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie und dem dort verankerten Verbot von allgemeinen Überwachungspflichten. Insofern berücksichtigt der Kompromissvorschlag dies und findet einen Ausgleich zwischen den jeweiligen Grundrechten. Zudem wahrt der Vorschlag den Datenschutz.

 

DETAILS ZU ARTIKEL 13 – WORUM GEHT ES NICHT?

KEINE Verletzung der EU-Grundrechtecharta

Im Fall von Artikel 13 hat der Juristische Dienst des Rates festgestellt, dass das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit nicht verletzt wird, weil

1)      nur Inhalte erfasst werden, die von Rechteinhabern identifiziert wurden und

2)      Beschwerdemechanismen vorzusehen sind, damit Uploader gegen eine Herunternahme eines Inhalts vorgehen können.

  • Die Grundrechtecharta beschützt die Meinungsfreiheit, die Freiheit ein Gewerbe auszuüben, das Eigentumsrecht inkl. das Recht auf geistiges Eigentum (Artikel 17 Absatz 2 der Grundrechtecharta).
  • Das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit schützt nicht nur Internetunternehmen, sondern auch die Unternehmen der Kreativindustrie, die in der Lage sein müssen, eine Bezahlung von den Unternehmen zu erhalten, die von den Kreativinhalten profitieren, die ihnen nicht gehören und von denen sie keine Erlaubnis haben, diese Inhalte zu verwerten.
  • Das Ziel des Vorschlages ist nicht, die Meinungs- und Informationsfreiheit der Bürger zu beschränken. Diese Freiheit sollte nicht der Freiheit der Rechteinhaber und Kreativen entgegenstehen – weder moralisch noch ökonomisch.
  • Der Europäische Gerichtshof hat immer wieder bestätigt, dass alle Grundrechte gegeneinander abgewogen werden müssen, wobei keinem Grundrecht Priorität zukommt.
  • Die Praxis zeigt, dass die Anzahl irrtümlich heruntergenommener Inhalte extrem niedrig ist (0,0002 % im Fall von audiovisuellen Inhalten, 0,04 % im Fall von Musik)

Keine Verletzung des Datenschutzes

  • Artikel 13 betrifft ausschließlich hochgeladene (nicht aber gedownloadete oder gestreamte) urheberrechtlich schützte Inhalte, die im Moment des Uploads identifiziert sind (beispielsweise auf Basis von Fingerprints des Rechteinhabers). Die geplanten Maßnahmen beinhalten nicht eine Verarbeitung von Informationen aller Nutzer oder eine systematische Analyse ihrer Profile.
  • Es gibt auch keine Vorgaben, die besagen, dass anderweitige Daten in Bezug zum hochgeladenen Inhalt erhoben werden wie z. B. die IP-Adresse des einzelnen Uploaders oder Datum, Zeit und Ort.

Kein Widerspruch zu den Haftungsprivilegien und dem Verbot einer allgemeinen Überwachungspflicht der E-Commerce-Richtlinie

Es gibt keine Hierarchie zwischen einzelnen Rechtsakten im Sekundärrecht. Wie durch den Juristischen Dienst des Rates festgestellt, ist die Verwendung der Begriffe wie “not in accordance with “ oder “incompatible” oder “infringing” in Verbindung mit der E-Commerce-Richtlinie nicht richtig. Tatsächlich gilt das Prinzip, dass der zuletzt verabschiedete Rechtsakt über ein Spezialgebiet einem älteren Rechtsakt von allgemeinerer Natur vorgeht. „Safe-Harbour-Klauseln“ bzw. Haftungsprivilegien gelten nur für sog. passive Plattformen. Das Verbot einer allgemeinen Überwachungspflicht findet auf Dienste Anwendung, die aktiv sind, d. h. die eine urheberrechtlich relevante Handlung durchführen und die daher konsequenterweise eine Lizenz schließen müssen. Eine derartige Lizenz könnte auch eine Filterpflicht vorsehen, so wie es auch die E-Commerce-Richtlinie zulässt. Nur für den Fall von rein passiven Plattformen gilt das Verbot der Überwachung.

Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich in seiner Entscheidung Stichting Brein vs Ziggo (C-610/15, Absatz 38) geurteilt, dass sich der Beitrag eines Dienstes, der eine Suchmaschine bereitstellt, die Inhalte indexiert und kategorisiert, nicht auf dessen bloße Bereitstellung beschränkt, d. h. ein solcher Dienst nicht als passive Plattform einzuordnen ist (vgl. Erwägungsgrund 42 der E-Commerce-Richtlinie)

Im Fall von passiven Diensten werden daher auch in Artikel 13 keine allgemeinen Überwachungspflichten geschaffen (siehe auch Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates), denn:

  • die Maßnahmen sind weder kostenintensiv noch aufwändig (Diese Maßnahmen werden bereits genutzt und sind je nach Plattform sehr unterschiedlich ausgestaltet; Kosten sind an die jeweilige Größe und den Typ der Plattform angepasst);
  • Onlinedienste werden nicht selbst bestimmen, ob ein bestimmter Inhalt legal oder illegal hochgeladen wird. Sie müssen dies nur im Moment des Uploads des geschützten Inhalts auf Basis der ihnen vom Rechteinhaber zur Verfügung gestellten Daten identifizieren; und
  • da die Rechteinhaber die notwendigen Daten zur Identifizierung ihrer Inhalte selbst erstellt haben, werden sie an den Kosten für die Maßnahmen der Provider maßgeblich beteiligt; dies wird im Gegenzug den logistischen und finanziellen Aufwand für Onlinedienste erheblich reduzieren;
  • die Gerichtsentscheidungen, bei denen Filterpflichten abgelehnt wurden, wie C-70/10 Scarlet Extended, C-360/10 Netlog v. Sabam, betrafen jeweils Internetdiensteprovider und Netzwerke Sozialer Medien, nicht jedoch Online-Sharingplattformen, deren Hauptzweck ist, Zugang zu Inhalten zu ermöglichen.

 

Press Contact

Grégoire Polad
ACT Director General
Email: gp@acte.be